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Vom Weinlesen und Trauben verarbeiten

Leise Motorengeräusche durchdringen die noch finsteren Morgenstunden. Schon beim Aufstehen merkt man, dass unsere Ortschaft belebter ist als sonst um diese Uhrzeit. Bewegt man sich auf dem Gehsteig in Richtung Bäckerei, dringt aus manch einem kleinen Kellerfenster ein intensiver Geruch in die Nase. weinlese1_15_16Ein bereits bekannter Geruch, der sogar in einigen Gassen hängengeblieben ist, vor allem dort wo viele Hallen und Schupfen stehen. Beim Bäcker herrscht auch schon reges Treiben und viele Menschen stehen in Gummistiefeln, Latzhosen und klebrigen Jeans vor der Gebäck-Theke um noch schnell die letzten Besorgungen zu machen. Endlich Weinlese! Bei uns in Gols, im Nordburgenland, ist jetzt Hochsaison!

Es ist der Geruch des gärenden Mosts, auch Sturm genannt, der in diesen Wochen prägnant aus manchen Kellerfenstern oder Hallen hervordringt. Viele Trauben sind bereits im Keller, manche Winzer feiern bereits Adrimarsch (das Fest am Ende der Weinernte), andere sind noch mittendrin im Lesefieber und wieder andere beginnen gerade erst. Jeder Weinbauer hat seine eigene Philosophie, seine eigene Uhr, seinen eigenen Geschmack, nach dem er arbeitet.

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Meist ist es draußen noch finster, wenn die ersten Traktoren mit Lesewagen in Richtung Weingärten starten und oft ist es schon wieder finster, wenn die letzen Trauben nach Hause gebracht werden. In diesen Tagen gibt es oftmals keinen Tag und keine Nacht, man richtet sich ganz nach der Qualität und der Menge der Trauben. Zeit hat man zwar meist keine und doch nimmt man sie sich, um das beste aus dem Traubenmaterial hervorzuholen.

Auch bei uns geht es im Moment in den Weingärten und im Keller ziemlich rund. Mein Freund und ich bauen gerade die alte Tischlerei seines Vaters zu einem Weingut um und freuen uns heuer zum ersten Mal die Trauben hier, hinter unserem Haus, verarbeiten zu können. Auch wenn das gesamte Gebäude noch nicht fertig restauriert ist, der Verarbeitungsbereich mit der Presse, der Rot- und Weißweinkeller sind bereits fertig und seit kurzem gut gefüllt. Wir haben große Pläne mit diesem Gebäude, in den alten Mauern wird noch viel passieren. Geplant ist zusätzlich zum Weingut ein großer Verkostungsbereich mit rustikaler Bar und eine Küche – aber davon erzähle ich euch ein andermal…

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Viele Winzer, die man im Juli und August nach der heurigen Ernte gefragt hat, reagierten skeptisch und gespannt. „Die Hitze setzt den Weingärten ordentlich zu“ war oft die Antwort. Gestern Abend, nach einem unserer intensivsten Lesetagen hat Gernot dann aber doch bis über beide Ohren gestrahlt. „2015 ist ein Weinjahr wie aus dem Bilderbuch“ lacht er mich an während er die Maische untertaucht. Das hat sich allerdings erst jetzt, gegen Ende herauskristallisiert, denn durch den Trockenstress der Rebe hat man bereits mit Ernteausfällen gerechnet. Vor allem nach dem letzten Jahr, welches aufgrund der üppigen Regenmenge für schwierige Bedingungen in den Weingärten sorgte, freuen sich die Winzer heuer über diese optimalen Voraussetzungen. Letztes Jahr standen viele vor der Entscheidung: wird unreif und mit wenig Fäulnis gelesen oder nehme ich die Fäulnis in Kauf und lese reife Trauben? Diese Entscheidung musste leider jeder Winzer für sich selbst treffen und die daraus entstanden Weine sind folglich geschmacklich auch sehr unterschiedlich.

Gernot ist immer der Überzeugung „Was gut schmeckt und riecht, kann nicht falsch sein“ – dementsprechend gestaltet sich auch unsere Maische-Standzeit, die Art der Vergärung, der Zeitpunkt des Pressens und die Temperaturwahl.

weinlese1_15_9 weinlese1Genauso bin ich auch bei der Zubereitung unserer diesmal sehr luxuriösen Lesejause  vorgegangen (normalerweise gibt es eher Brot mit Wurst,Käse & Gemüse) – das Lammragout mit roten Trauben schmeckt und riecht nämlich hervorragend!

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Wer mehr über unser Weingut erfahren möchte, schaut am besten hier vorbei: www.zechmeister-weine.at

Die Bilder entstanden bei der Ernte des Zweigelt Goldberg sowie meines Weingartens an der Rabensau (so wird die Lage zwischen Gols und Weiden genannt). Die Rabensau ist der einzige Weingarten in meinem Besitz, bereits über 40 Jahre alt und kein Rebstock gleicht dem anderen, man findet hier sowohl weiße, rosé und rote Trauben. Mit diesem besonderen Traubenmaterial wollen wir heuer ein wenig experimentieren und uns austoben  Deshalb wurde er von uns zuerst gerebelt, dann 72 Stunden im Bottich eingemaischt und der angärende Saft abgezogen. Im Moment gärt der farblich sehr spannende Rose-Sturm ohne jegliche Form von Zusätzen weiter. 

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Zubereitung Lammragout mit roten Trauben:

  • 1kg Lamm-Ragoutfleisch
  • 1 Zwiebel
  • 3 Knoblauchzehen
  • 1 TL Paprikapulver
  • 1 EL Honig
  • 2 rote Rüben
  • 400ml Rotwein
  • 300ml Rindsuppe
  • 2 Lorbeerblätter
  • 4 Salbeiblätter
  • 250g rote Trauben
  • Salz & Pfeffer
  1. Das Lammfleisch in kleine Würfel schneiden, salzen und pfeffern und in etwas Sonnenblumenöl anbraten. Danach das Lammfleisch herausheben und den Bratenrückstand im Topf lassen.
  2. Den Zwiebel und Knoblauch hacken und eventuell mit etwas zusätzlichem Öl in den Topf geben.  Das Paprikapulver und die Lorbeerblätter hinzufügen und anrösten.
  3. Die rohe rote Rübe schälen und in kleine Würfel schneiden. Rübe gemeinsam mit einem Esslöffel Honig zum Zwiebel geben und 3-5 Minuten anbraten.
  4. Nun das Lammfleisch wieder zum Gemüse in den Topf geben und mit Rotwein und Rindsuppe aufgießen. Die ganzen Salbeiblätter hinzufügen und das Ragout in etwa eine Stunde köcheln lassen. Regelmäßig umrühren und nach Bedarf etwas Flüssigkeit zugießen.
  5. Vor dem Servieren die Salbei- und Lorbeerblätter entfernen und mit Hörnchen, Knödel oder Semmeln anrichten.

Viel Erfolg bei der Weinlese & lasst es euch schmecken,
das Mundwerk

 

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