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Feldküche auf Waldtour: Millstatt

Wenn ein Bassposaunist, eine Zahnärztin, ein Lehrer und ein Betriebswirt in den Wald aufbrechen…
dann ist keine Tannennadel, kein Wiesenblümchen und kein Holzscheitel mehr sicher. Denn was dann passiert ist nicht vergleichbar und versetzt dich, mit einer zarten Flötenmelodie im Hintergrund, mitten in den Millstätter Wald. Dorthin, wo die Feldküche gerade gemeinsam mit dem Koch des heutigen Abends, Christoph Fink, die Zutaten für das Waldtour-Dinner sammelt. Auf eine Wiese vor den mystischen Millstätter Wald.

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Schon bei der Einfahrt in Millstatt bemerkt man, dass man hier aus dem Vollen schöpfen kann. Rechter Hand der wunderschöne, friedliche Millstätter See, linker Hand saftig grüne Blumenwiesen mit dem dahinter thronenden Wald. Hier und da ein paar Berghütten und Bauernhöfe, eingebettet in die grüne Landschaft. Heute bin ich zum ersten Mal Gast bei der Feldküche, eine Idee von Martin Fetz, Christian Feuerstein und Matthias Felsner, zwei gebürtigen Vorarlberger und einem Tiroler. Martin und Matthias leben uns arbeiten bereits seit einigen Jahren in Wien. Das Konzept entstand im Bregenzerwald, den die beiden Vorarlberger erst nach 10 Jahren richtig zu schätzen lernten. Nach der Erkenntnis „Wir haben vergessen, dass wir im Paradies wohnen“ bemerkten die Initiatoren der Feldküche, dass  unheimlich viel Potential in den ländlichen Regionen steckt, nur leider nicht an einem Ort gebündelt ist. So entstand die Idee, dieses Potential aufzugreifen und authentische regionale Besonderheiten, ob Gemüse, Kräuter, Möbel oder Deko an einem schönen Ort zu vereinen.

Nach einigen Testläufen mit Freunden war der Andrang so groß, dass sie bei ihrer Österreich-Tour 2013 bereits in allen 9 Bundesländern ihre Tafel aufstellten und zu Tisch baten. Dass Besondere daran ist, dass bei jedem Platzerl ein österreichischer Spitzenkoch die Jungs begleitet und für die Gäste der Feldküche das Beste aus der Region in mehreren Gängen kredenzt.

Ein paar glückliche Zufälle waren es, die die Feldküche-Crew zu Pia Buchner, Pressesprecherin der österreichischen Bundesforste brachten. Sehr viele Parallelen tauchten auf, wie der Zugang zur Natur, den schönen, unberührten Platzerln Österreichs, sowie den wertvollen Rohstoffen die wir hier haben. So entstand das Konzept zur Waldtour 2014 und heute, am zweiten Tour-Stopp, sind wir zu Gast im Stift Millstatt.

Aufgrund des vorhergesagten Regens musste das Event von der geplanten Wiese nach drinnen verlegt werden. Schade meinen ein paar Gäste, zum Glück, sagen ein paar andere – denn die alte Fischhalle des Stifts scheint für mich wie der ideale Ort für den heutigen Abend. Der raue, rustikale Fließenboden, die hohen, weißen Wände und das Tor mit Blick über eine Blumenwiese auf den dahinter liegenden See, sorgen für eine gemütliche Atmosphäre. Das Menü, dass Christoph Fink, Koch des heutigen Abends später serviert, stiehlt der Fischhalle  die Show. Denn wenn man sich diese Köstlichkeiten auf der Zunge zergehen lässt, kann es schon passieren dass man Ort und Zeit vergisst.

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Christoph Fink, ehemaliger Musiker, ist Koch bei der schwedischen Botschaft und kocht heute auf, was Wald und Wiese an diesem sonnigen Freitag hergeben. Als ich Mittags ankomme ist Christoph mit Kathi, einer Freelancerin, die Christoph oft zu Events begleitet und in der Küche unterstützt, bereits unterwegs. Auf einer Wiese vor dem Wald sind sie auf der Suche nach Kräutern und Blumen. Gleich darunter liegt der Gemüsegarten von Melanie und John, die neben einem alten Bauernhof Garterl bewirtschaften, der keine Wünsche offen lässt.

Christoph Fink läuft mit seinem schwarzen Notizbuch zwischen den gut sortierten Gemüsereihen umher. Mal ein paar Rüben, mal junge Zucchini, ein Ästchen Hollunderbeeren, ein Sträußchen Klee. „Wenn ich soviel frisches Gemüse sehe, kommen so viele Emotionen in mir hoch. Ich hab zu allem einen Geschmack und dann versagt mein Gedächtnis“, sagt Christoph als er auf sein Notizbuch angesprochen wird. Mit zwei vollbeladenen Autos geht es dann zurück ins Stift, wo bereits die Tische für den heutigen Abend gedeckt werden.

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Um 16:30 trudeln langsam alle Gäste ein. Treffpunkt ist im Hof des Stifts, im Schatten einer 700 Jahre alten Linde. Martin Fetz eröffnet den heutigen Abend und schenkt zur Begrüßung jedem ein Stamperl Birnen- oder Pfirsichschnaps ein. Den Schnaps hat mein Papa gebrannt und es freut mich ganz besonders, dass wir den Abend damit einläuten. Gleich darauf startet ein gemütlicher Spaziergang zum Millstätter See, wo Betriebsleiter des Forstbetriebs Kärnten-Lungau, Günther Tragatschnig, uns die Aufgaben und Struktur der Bundesforste näher erklärt. „Die Maxime unseres Handelns ist Nachhaltigkeit“, sagt Herr Tragatschnig, ein bereits sehr dehnbarer und beinahe abgedroschener Begriff. Diese Annahme wird jedoch sofort entkräftet, denn die Forstwirtschaft hat den Begriff und diese Haltung erfunden. Denn die österreichischen Bundesforste sorgen dafür, dass nicht mehr entnommen wird als nachwächst. 15% der österreichischen Waldfläche liegt in der Hand von der Bundesforste, verteilt auf 12 Forstbetriebe. Er erklärt auch, dass der Millstätter See sehr fischreich ist, vor allem für seine schwarz-gefleckerte Seeforelle ist er besonders bekannt. „Früher wurde die edle Seeforelle mit der Bahn nach Wien in den Kaiserhof gebracht“, erklärt Herr Tragatschnig. Ein wenig später werden wir noch durch die prunkvolle Kirche des Stift geführt, mit ihrem berühmten Fresko, wo uns auch der geschichtliche Hintergrund von Millstatt und dieser historischen Anlage erklärt wird. Am Ende der Führung finden wir uns im Kreuzgang des Stifts wieder, wo Philipp und Paul, auch zwei Mitglieder der Feldküche, bereits mit dem ersten Gang auf uns warten.

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Lollies für Erwachsene
So bezeichnet Christoph Fink den ersten Gang. In ein Scheitel Holz gesteckt findet man auf einem Holzstäbchen ein Stück vier Jahre gereiften Speck mit schwarzen Walnüssen. Die Schwarte vom Schweinsrückensteak schmeckt ähnlich wie italienischer Lardo. Dazu gereicht werden heurige Erdäpfel mit Kärntner Sauerrahm, Rucolablüten und Rotklee.

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Relativ pur, in Salz-Zucker Beize
Nun geht es endlich in die Fischhalle, wo die Tafel mit einem herrlichen Gedeck aus selbstgemachter Sauerrahmbutter mit frischen Wiesenkräutern und Joseph Brot auf uns wartet. Die Stimmung ist freundlich, Wein wird eingeschenkt und die Blicke schweifen über die mit Wiesenblumen dekorierten Tische in Richtung Christoph, der kurz zwei Pfannen aneinander schwingt um den zweiten Gang zu beschreiben. Es folgt eine drei Jahre alte Reinanke mit kompakten Fleisch. Christoph beschreibt sie als relativ pur, filetiert und drei Tage in einer Salz-Zucker Beize eingelegt. Eigentlich wollte er sie mit frischen Brombeeren servieren, doch leider waren sie noch nicht reif. Es wurde improvisiert, wobei sich das der folgenden Kombination nicht anmerken lässt. Statt Brombeeren und Marillen finden wir hauchfeine Scheiben von roher roter Rübe auf unserem Teller. Die Stängel der Rübe wurden kurz durch die Pfanne gezogen und das Sorbet aus Föhrennadeln sorgt optisch für einen Touch Wald. So schön grün. Gewürzt wurde mit destilliertem Holzkohleessig, einer Essigessenz.

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Herb-süße Leber
Als dritten Gang gab es für uns eine Leber von der Reinanke. Christoph kredenzte die Leber mit einem Sirup aus Wiesenheu und Boretsch-Blüten. Dem herb-bitterem Aroma der Leber wurde durch das blumig-süße Sirup ein angenehmer Kontrast geboten. Am leisen Zischeln der Gäste merkt man, dass dieses Gericht für ein wenig Gesprächsstoff sorgt. Nicht jeder ist ein Fan von Innereien, doch für diese extravagante Kreation springen viele über ihren Schatten und wirken danach sichtlich überrascht.

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Ein Augenschmaus
Stilitsch spricht mich der nächste Gang am allermeisten an. Grün. Weiß. Zart. Knackig. Rauchig. Auf einem Teller wird ein wenig Schafsjoghurt aus der Region serviert. Angerichtet mit entsafteten Haselnüssen,Brokkoli und Blüten. Ein Augenschmaus.

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Dankt lieber dem Jäger
Eine kleine Pause folgt, die viele für einen kleinen Spaziergang durch den friedlichen Stiftshof nutzten oder die Gelegenheit ergreifen ein bisschen mit den Jungs der Feldküche zu plaudern. Der nächste Gang ist für mich der Höhepunkt dieses besonderen Abends. Der Küchenchef präsentiert eine neue Konstellation, die den Gaumen so richtig wachrüttelt. Ein zart-rosa gebratener Hirschkalbrücken. Weiters eine geschmorte Keule vom Hirschkalb, deren intensives, würziges Aroma ein Lächeln auf die Lippen der Gäste zaubert. „Wahnsinn“, „Oh“, „Mmmmhhh“, ertönt es um mich. Sehr dicht, Wild pur. Von der Keule ist nicht mehr viel zu sehen, durch die starke Reduktion ist das Fleisch sehr fasrig und intensiv. Anfangs dachte ich an Rotkraut. „Normalerweise wird Wild immer mit sehr üppigen Beilagen serviert, heute aber mit Zitronengurken, grünen Gurken, Dill- und Sauerkleeblüten“, sagt Christoph. Eine spannende Konstellation, nur leider kann ich Gurken nicht viel abgewinnen. Nach dem Hauptgericht stelle ich mich an die Küchentheke und sehe Christoph bei der Vorbereitung des nächsten Gangs zu.
Ich bin immer noch betäubt von dem delikatem Wild und spreche Christoph ein Lob aus. „Dankt nicht mir, dankt dem Jäger, dass er so ein gesundes Hirschkalb gschossn‘ hat“, ist Christophs Antwort.

Mit Fichtennadeln und Krebsen hantieren
Das Dessert erfordert Mut. Mut und Neugierde. Für eine ganz und gar ungewöhnliche Nachspeise. Es gibt gebratene Klarapfelspalten mit einem Biskuit aus Fichtennadeln und Pistazien sowie Flusskrebseis. Puristisch und intensiv. Das giftig-grüne Biskuit hat eine schwammige Konsistenz und schmeckt ganz und gar nach Wald. Ich stelle mir vor ich beiße in ein Stückchen Moos. Die Krebse, erklärt Christoph, hat er von einem Freund, sie kommen direkt aus der Drau. Wenn man es nicht weiß, tippt man nicht auf Krebse. Die Farbe erinnert eher an Haselnuss- oder Karamelleis nur etwas cremiger, fast wie ein Mousse àu Chocolat. Nur eben aus Flusskrebsen.

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Ein Hauch Wald
Den Abschluss bilden ein Kuhmilchcamembert mit Rubinienmarmelade. Dazu gereicht werden Tannenmarshmallows. Beißt man in sie hinein, fühlt es sich an als würde man in den Wald beißen. Wie der Geruch, so der Geschmack. Ich bin mir sicher mein Atem riecht nach Wald. So wie nach Pfefferminz, nach einem scharfen Fisherman’s Friend- Zuckerl, nur eben nach duftener Tanne. Herrlich.

Jetzt, zu später Stunde bin ich froh dass wir in den von der Sonne gewärmten Wänden des Stift Millstatt tafeln. Draußen ist es bereits dunkel, nur die kleine Feuerschale auf der Wiese vor dem Tor erhellt die Nacht. Friedlich lauschen wir dem leisen Knistern des Feuers und lassen den Abend mit einem Glas Wein revue passieren.

Wer jetzt Lust auf einen phänomenalen Abend bei der Feldküche hat, kann bei den folgenden Terminen noch bei der Waltour 2014 dabeisein:

No 3. Karwendel
Tirol – 02. August 

No 4. Grundlsee
Steiermark – 08. August 

No 5. Donau-Auen
Niederösterreich – 29. August (leider ausgebucht)

Pfiat eing God und bis zu nächsten Moi! (Vielleicht in Tirol?)
Das Mundwerk

 

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Dominik

    SUUUPPPPEEEERRRR!!!

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