Geschichtsträchtige Mauern, eine endlos anmutende Tafel und die beste Gesellschaft: Im Museum angewandter Kunst im Herzen Wiens, wird den Kunstwerken einen Abend lang die Show gestohlen. Denn heute ist der letzte Abend der Feldküche Waldtour 2014 angebrochen und alle Scheinwerfer sind auf die liebevoll gedeckten Tische, die Hauptakteure des Kunstkollektivs Martin Fetz und Matthias Felsner, sowie die passionierten Köche des heutigen Abends gerichtet. Ob auch dieser Abend Geschichte schreibt? Da bin ich mir sicher.
Schon beim Öffnen der Tür zum Museum spürt man die Aura dieses Gebäudes. 151 Jahre hat das Museum für angewandte Kunst schon auf dem Buckel und doch erstrahlt es in vollem Glanz. Das ursprünglich auf Kunst und Industrie ausgelegte Museum zählt heute Kunst, Design, Architektur und Gegenwartskunst zu seinen Kernkompetenzen und begeistert durch zahlreiche Sammlungen und Sonderausstellungen. Die einzigartige Möglichkeit das MAK mit der mobilen Feldküche für einen Abend zu bespielen bzw. zu bekochen verdanken wir Olivia Harrer, die unmittelbar Hand anlegt und beim Eindecken der Tische hilft.
Die letzten Wochen haben wir immer in der Nähe eines Waldes, welcher im Besitz der österreichischen Bundesforste ist, getafelt. Was die Feldküche diesmal nach Wien führt? Der Wienerwald und die Freunde. Denn wer isst schon gerne allein? Geplant war ein Abend im Geymüllerschlössel in Pötzleinsdorf welches 1965 als Außenstelle dem MAK angegliedert wurde. Obwohl am Freitag in Eckartsau alle ihren Teller brav leer gegessen haben regnet es heute. Glücklicherweise hat Olivia noch ein Ass im Ärmel: die Feldküche übersiedelt kurzerhand in die Säulenhalle des MAK. Auch wenn manche zu Beginn ein wenig wehmütig sind – am Ende des Abends strahlen ihre Gesichter. Sei es von den aromatischen Weinen, den hervorragenden Stiegl-Bieren oder den subtilen Cocktails von Hubert Peter, dem Barchef des Kussmaul. „Wenn wir nicht zum Wald kommen, müssen wir den Wald eben in die Stadt bringen“. Mit diesem Versprechen eröffnen Martin Fetz und Pia Buchner von den österreichischen Bundesforsten den heutigen Abend – wir sind gespannt.
Mit einem absolut grandiosen Wald & Wiesenspritzer wird das Dinner eingeläutet. Hubert hat dazu frischen Spitzwegerich, Angelikawurzel, Tannenwipfel und Gänseblümchen zu einem Likör verarbeitet. Dieser wird mit Weißwein und Wasser gemischt und bekommt eine Krone aus Tannenwipfelschaum und einer Malvenblüte. Ein herrliches Erfrischungsgetränk, das einen sofort den Trubel des Tages, sowie das graue Regenwetter vergessen lässt. Die Spannung auf den heutigen Abend steigt, doch zuerst bekommen wir eine kleine Führung durch das Museum, meine Gruppe nimmt sich das MAK Design Lab vor. Hier stehen Funktion und Gebrauch von Objekten im Mittelpunkt. Die Wände des Design Labs zieren Fragestellungen wie: Welchen Stellenwert hat das Handwerk heute? Wie produzieren wir in Zukunft? Hat Design mit Kunst zu tun? Was Essen wir in Zukunft? Apropos Essen… die Abteilung zum Thema „Küche“ ist besonders sehenswert wenn man sich gern mit Kulinarik und Kochen befasst. Hier findet man einfache Kücheneinheiten aus verschiedenen Ländern und verschiedenen Jahrzehnten. An der Wand hängen Kartoffel- und Karottenschäler die alle möglichen Formen einnehmen. Auch ein Nachbau der „Mutter der Einbauküche“ von Margarete Schütte-Lihotzky ziert die Abteilung. Sie dient als Vorbild industriell gefertigter Einbauküchen die minimalen Raum beanspruchen. Weiters gibt es eine eigene Helmut Lang Abteilung und noch viel, viel mehr. Ein Besuch im Design Lab lohnt sich auf alle Fälle.
Nach der informativen Führung durch das MAK Design Lab sind wir alle ordentlich durstig – ein Glück dass Hubert für uns einen Spezialcocktail zubereitet hat. Mit einem Tomaten-Bergheu Martini, bestreut mit Heumilch-Schafskäse nehmen dann alle ihre Plätze an der langen Tafel ein und stoßen auf den herrlichen Abend an.
Wie eingangs erwähnt ist der heutige Abend ein ganz spezieller: 5 Köche bzw. passionierte Freizeitköche verwöhnen uns in 6 Gängen mit allem was Wald und Wieso so hergibt. Den Start macht Alexandra Palla, die den ersten Hunger mit einer köstlichen Brettljausn aus Blutwurst, Hühnerleberterrine, Leberpastete, frischen Käsecrackern und selbst gemachten Chutneys stillt. Sie ist nicht nur passionierte Foodbloggerin (www.roughcutblog.at), sie hat auch ihre eigenen Roughcutboards kreiert. Heute werden auf ihren ästhetischen Brettern auch ihre Schmankerl serviert. Neben Content, Storytelling, PR und Media Relation, Social Media, Blogger Community, Food & Product-Styling hat Alexandra in Kooperation mit der AMA den Ama Food Blog Award ins Leben gerufen. Eine Powerfrau mit hervorragendem Geschmack.
Den nächsten Gang kredenzt Silke Sztatecsny: eine Steinpilztarte mit Pastinakenpüree und Fenchelblüten. Optisch ein Augenschmaus, geschmacklich ein Gaumenschmaus. Ein sehr ausgeglichenes Gericht, die Würze der Fenchelblüten vereint sich mit dem hervorragenden Dressing und dem leicht süßlichen Pastinkenpüree. Das Highlight sind die Steinpilze – liebevoll arrangiert an der Spitze des kleinen Türmchens. Silke ist Marketingleiterin beim ORF Wien und leidenschaftliche Köchin. Vor einigen Jahren hat sie sich eine Auszeit genommen um ihrem Hobby eine professionelle Basis zu bieten. Deshalb hat sie eine Koch-Ausbildung in Frankreich gemacht und danach die Meisterprüfung in Österreich absolviert.
Nun heißt es Küche frei für Eva Fischer, ebenfalls Foodbloggerin (www.foodtastic.at) und Profi im Rezepte kreieren. Nach der Diagnose Zöliakie setzte sich Eva intensiver mit dem Thema Lebensmittel und Ernährung auseinander und fand ihre Passion. Nach einer Weltreise öffnete sich für Eva eine neue Tür: sie begann bei KochAbo zu arbeiten. Sie selbst bezeichnet ihren Job so: „Ich bin Rezeptekreateurin und Gesundheitsmanagerin bei KochAbo, sprich die Ernährungstante, die die Rezepte entwickelt und alle Speisen testkocht. Nein, ich bin keine ausgebildete Köchin, sondern nur Hobbyköchin und liebe Kochen schon mein Leben lang.“ Und dass sie schon ihr Leben lang kocht dürfen auch wir heute feststellen, denn Eva hat für uns eine frische Reinanke vom Hallstättersee im Kräuterbett mit Hirse- Rote Rüben Risotto und karamellisierten Äpfeln vorbereitet. Schon beim Öffnen der Alufolie, worin der Fisch gegart wurde, steigt einem das herrliche Aroma der frischen Kräuter in die Nase. In Kombination mit dem Hirse-Risotto und den Äpfeln einfach unschlagbar.
Nun ist Christoph Fink an der Reihe, Koch der schwedischen Botschaft in Wien. Schon am Grundlsee durften wir uns von seiner außergewöhnlichen Kochkunst überzeugen und wieder einmal ist der von ihm zubereitete Hirsch ein Meisterwerk. Der Burger, mit Brioche-Burgerbrötchen, wird serviert mit einem Laibchen aus dem Hirschschlögel. Außen ist es scharf angebraten und innen roh, genau wie bei einem Tatare. Weiters findet man auf dem Teller Coleslaw und zweierlei vom Zwiebel, Rucola und ein selbstgemachtes Dirndl-Ketchup. Christoph hat sich wieder einmal selbst übertroffen!
Das Sprichwort sagt ja „Käse schließt den Magen“, deshalb hat Alexandra für uns eine kleine Käseplatte vorbereitet. Darauf finden wir selbstgemachte Profiteroles mit Ziegencamembert, karamellisierten Kirschtomaten und Heidelbeeren.
Mit viel Mühe findet man noch einen kleinen Platz im Bauch für das Dessert von Silke. Aber wer kann schon auf Heidelbeer-Sauerrahmeis mit Madeleines verzichten?
So jetzt bin ich aber endgültig voll. Und glücklich. Es wird noch geplaudert und gelacht, fröhlich wird noch das ein oder andere Glas Wein getrunken. Gegen 23:00 Uhr mache ich mich dann auf den Heimweg – der Abschied fällt mir wieder einmal schwer, ich könnte bis in die frühen Morgenstunden weiter feiern.
Zuhause angekommen nehme ich mir noch kurz die Zeit den Abend auf der Terrasse ausklingen und Revue passieren zu lassen. Es ist Mitternacht. Der Regen hat aufgehört, es ist ein wenig kühl und frischer Wind bringt die Blätter zum Rascheln. Eine Eule spannt ihre Flügel und fliegt ganz nah an unserer Terrasse vorbei… sagen wir, perfekt. Und doch bin ich ein wenig traurig, denn es war ein wunderschönes Erlebnis die Feldküche diesen Sommer zu all den einzigartigen Plätzen begleiten zu dürfen. All die großartigen Menschen mit ihren unvergesslichen Geschichten, die vielen leidenschaftlichen Köche und vor allem das herzerwärmende Team: Martin, Matthias, Paul, Philipp, Trixi – die lustigen Abende mit euch werden mir ordentlich fehlen! (Aber wir sehen uns ja hoffentlich bald mal wieder)
Danke dass ich euch begleiten durfte! Chapeau und pfiat eing God!
Das Mundwerk
Tolle Atmosphäre liebes Mundwerk-Team – sieht echt beeindruckend aus!