Schaffen. Verlieren. Erkennen. Bewahren.
Auf Noahs Spuren.
Es erinnert an das Paradies. Ob man es gesehen hat oder nicht. Jedes Kind hat einmal davon geträumt und seine eigene Vorstellung davon. Ich habe meine eigenen Fantasien vom Paradies. Dort ist es bunt und friedlich. Man bringt jedem Lebewesen den nötigen Respekt zu. Und vor allem – jeder hat seinen Platz. Jeder ist Teil des Ganzen. So will es der Kreislauf der Natur.
Doch wie sieht es heute aus? Tausende Tier- und Pflanzenarten sind verschwunden, Paradeiser müssen rot sein weil die im Supermarkt es auch sind und alle Äpfel müssen aussehen und schmecken wie Granny Smith Äpfel. Schade, dass wir das alles so hinnehmen. Dass wir uns bequem auf unseren Sofas ausruhen und die Schuld auf die Anderen schieben. Dass wir wieder 5 Minuten vor 19:00 Uhr zum Supermarkt laufen um uns die letzten, noch nicht matschigen Paradeiser zu krallen anstatt unsere eigenen, auf dem Balkon oder im Garten gezogenen Tomaten zu ernten.
Es sind aber nicht immer wir die schuldigen. Auch die Gentechnik-Lobby, Saatgut-Monopole, Kriege und Naturkatastrophen sorgen für die stetig zurückgehende Sortenvielfalt. Alles in allem eine Katastrophe. Über Jahrtausende haben unsere Vorfahren eine Kulturpflanzenvielfalt geschaffen die nun langsam verschwindet.
INFO: Kulturpflanzen sind Pflanzen, die im Laufe der menschlichen Geschichte gezüchtet wurden.
Zum Glück gibt es aber welche die sich um die Vielfalt kümmern. Denen unsere Umwelt am Herzen liegt. Die, die das Saatgut buchstäblich in die Hände nehmen. Das schöne daran? Sie machen es gemeinsam. Denn einer allein ist der Pflanzenvielfalt unserer Erde nicht gewachsen. Eine dieser Organisationen die ich euch heute vorstellen will ist die Arche Noah in Schiltern bei Langenlois. Es ist ein großartiger Verein der sich für den Erhalt und die Entwicklung der Naturpflanzenvielfalt einsetzt. Seit 1989 bewahrt, pflegt und gibt sie tausende Obst-, Gemüse- und Getreidesorten weiter. 10.000 Mitglieder unterstützen den Verein mittlerweile und helfen dabei, alte Sorten zu retten und die Saatgutvermehrung voranzutreiben. Die Arche Noah ist eine der größten Organisationen zur Kulturpflanzenbewahrung der Welt. Wir können stolz darauf sein dass sie in Österreich ist! Seit über 20 Jahren werden hier in Schiltern im 300 Jahre alten Schlossgarten Sorten erhalten und weitergegeben.
Schon seit langem will ich den Schaugarten der Arche Noah besuchen. An einem leicht bewölkten Freitag Morgen im August ist es dann endlich so weit. Schon beim Eingang steigen einem herrliche Gerüche nach Lavendel, Thymian, Paradeisern und verschiedenen Blumen in die Nase. Öffnet man die Augen findet man sich in einem Garten wieder, der den Vorstellungen des Garten Eden entspricht. Nur dass die giftigen Pflanzen mit Schildern und unübersehbaren roten Schriftzügen markiert sind. Neugierde treibt einen zu der ersten Hinweistafel, auf der steht: „Der Verlust der von Menschenhand geschaffenen Kulturpflanzenvielfalt schreitet unaufhörlich voran. Bereits 75% der Vielfalt ging mit Beginn dieses Jahrhunderts verloren.“ Na bumm. Und schon wird man aus den Träumen gerissen und mit der knallharten Realität konfrontiert. Aber das ist gut so, denn jetzt ist man wach und schenkt jedem noch so kleinen Pflänzchen seine ungeteilte Aufmerksamkeit. Unglaubliche 6000 Sorten fasst die Arche Noah in Schiltern. Der Garten ist in geometrische Felder geteilt, wo jede Pflanze die optimalen Bedingungen vorfindet.
Das Schöne an der Pflanzenvielfalt? Es ist für jede Geschmacksrichtung was dabei. Gusta und Ohrfeigen san jo verschieden. Und um all die verschiedenen Geschmäcker, Gerüche und Texturen der Pflanzen zu bewahren wechselt die Arche Noah die Sorten in verschiedenen Zyklusperioden. Denn manche Samen müssen jährlich gepflanzt werden, andere kann man 7 Jahre aufbewahren. So kommt es, dass der Garten jedes Jahr anders aussieht.
Gleich beim Eingang findet man eine Vielzahl an Paprika und Chili. Das ursprüngliche Verbreitungsgebiet von Paprika liegt von der südlichen Grenze der USA bis zur warm-tropischen Zone im Süden Südamerikas. Paprika ist die älteste Kulturpflanze der westlichen Hemisphäre und die Capsicum Gattung fasst erstaunliche 25 Wildarten. Dank Christopher Columbus wird Paprika auch bei uns in großen Mengen kultiviert denn er brachte die Pflanze bei einer seiner Entdeckungsreisen gemeinsam mit Mais und Süßkartoffeln nach Spanien. Von dort aus verbreitete sie sich in ganz Europa. In meinem Beitrag über den Paradeiserkaiser Erich Stekovics habe ich euch ja erzählt dass Paradeiser zur Gattung der Beeren gehören. Unglaublich aber wahr – auch der Paprika gehört botanisch gesehen zu den Beeren, obwohl er Schote genannt wird.
Meine besondere Aufmerksamkeit gilt den Chilis, verfeinere ich doch sogut wie jede Speise mit dem Scharfmacher. Jetzt weiß ich auch endlich wo die Schärfe herkommt. Sie sitzt nämlich in den Scheidewänden der Früchte. Entfernt man die Samen und Stränge an der Innenseite wird die Schote milder.
Stunden haben wir im Schaugarten der Arche Noah verbracht. Und natürlich konnten wir nicht heimgehen ohne ein paar besondere alte Sorten im Shop der Arche zu erwerben. Mit einem Kofferraum voll Grünzeug ging es dann wieder ab in Richtung Heimat. Auf der Fahrt nach Hause kam mir die Idee einer bunten Paradeiser Tarte, geschmückt von allen in unserem Garten wachsenden Paradeiserraritäten. Ein geschmacksintensives Rezept für die leichte Sommerküche.
Zubereitung Paradeiser Tarte Tatin
Tarte:
230g Mehl; 1 Ei; 80g Butter; 1EL kaltes Wasser; 1TL Salz
Belag:
500g bunte Cocktailtomaten; 2TL Honig; 2TL Butter; 1TL frischer Thymian; 2TL Balsamico Essig; Salz; Pfeffer; Rosmarinnadeln; etwas Butter für die Form
- Für den Tarte Teig alle Zutaten schnell verkneten, in Frischhaltefolie wickeln und 20 Minuten kalt stellen.
- Die Paradeiser waschen und abtrocknen. 2 TL Butter und 2TL Honig in einer beschichteten Pfanne erhitzen und karamellisieren lassen.
- Nun die Paradeiser hinzufügen und 5 Minuten darin anbraten. Thymian und 2 TL Balsamico Essig hinzufügen und 2 Minuten reduzieren lassen.
- Mit Salz und Pfeffer würzen und einige Rosmarinnadeln darüber streuen.
- Eine Tarte Form mit ein wenig Butter einschmieren und die Paradeiser vorsichtig darin platzieren.
- Nun den Teig nehmen und ca. 3mm dick ausrollen. Einen Kreis ausschneiden und vorsichtig auf die Paradeiser legen. Die Ränder ein wenig einstricken. Mit einer Gabel ein paar mal einstechen.
- Die Paradeiser Tarte 25 Minuten bei 200°C goldgelb backen.
- Danach die Tarte ein wenig auskühlen lassen, einen Teller darauf legen und die Tarte vorsichtig umdrehen. Noch warm servieren.
Pfiat eing God!
das Mundwerk.